Polyscope: Möglichkeiten zur Qualitätssicherung von Temperatur-Messgeräten
Unser Artikel für das Fachmagazin Polyscope, welcher vor wenigen Tagen erschienen ist, behandeln drei Möglichkeiten der Kalibrierung von Temperatur-Messgeräten – die Kalibrierung im Inhouse-Labor, die Kalibrierung im akkreditierten SCS-Labor und die Kalibrierung vor Ort. Weiter werfen wir im Beitrag einen dezidierten Blick auf die Rückführbarkeit und Messunsicherheit. Lesen Sie den kompletten Beitrag auf unserer Website oder erhalten Sie ihn hier als Download.
Möglichkeiten zur Qualitätssicherung von Temperatur-Messgeräten
Der Anwendungsbereich von Temperatur-Messgeräten in der Qualitätsüberwachung von Prozessen, Anlagen und Produkten ist vielfältig und deren Verlässlichkeit ist von zentraler Bedeutung. Demzufolge ist der Kalibrierung ein besonderes Augenmerk zu widmen – und somit auch der Frage nach dem Ort und dem Verfahren.
Temperatur-Messgeräte finden sich in den unterschiedlichsten Branchen und deren Einsatz ist entsprechend facettenreich. Mit Temperatur-Messgeräten sind primär Temperatursensoren (Widerstandsfühler, Thermocouples) und Infrarotsensoren gemeint. Als typische Aufgabe können die Sicherstellung und Dokumentation einer stabilen Temperatur genannt werden, wie dies zum Beispiel in der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie wesentlich ist oder die Überwachung der Temperatur in einem komplexen Gesamtsystem in der industriellen Produktion. Hierbei überwacht der Sensor primär die Umgebungstemperatur und ermöglicht ein frühzeitiges Handeln bei kritischen Abweichungen.
Temperatur-Messgeräte werden im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystemen in regelmässigen Abständen kalibriert. Dadurch wird eine allfällige Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem gemessenen Wert festgestellt und ein Driftverhalten erkannt. Die Kalibrierung kann abhängig der erforderten Genauigkeit auf verschiedenen Stufen der metrologischen Hierarchie vollzogen werden.
Kalibrierung im Inhouse-Labor
Entsprechend der SN EN ISO 9001 Norm, welche es den Unternehmen freistellt, Messmittel selbst zu kalibrieren oder den Prozess auszulagern, finden sich in der Schweiz zahlreiche Inhouse-Labore. Diese sind verpflichtet die umfangreichen Forderungen der ISO 9001 in Bezug auf die Kalibrierung zu erfüllen. Insbesondere der Rückführbarkeit und der Messunsicherheit, welche später beschrieben wird, ist eine hohe Bedeutung beizumessen. Hardwareseitig ist primär die Wahl des Referenzfühlers und des Temperaturkalibrators zur Überprüfung der eigenen Messeinrichtung zentral. Temperaturkalibratoren sind je nach Hersteller in verschiedenen Baureihen und in einer Vielzahl von Modellen mit unterschiedlichen Funktionen verfügbar.
Der Temperaturbereich konventioneller Geräte reicht von ca. -100°C bis 1300°C und die Genauigkeit, welche vom messbaren Bereich abhängt, liegt ca. zwischen ±0,01°C und ±2°C. Unterschiedliche Aufnahmen und Volumen erlauben die Kalibrierung mehrerer Prüflinge gleichzeitig. Multifunktionskalibratoren vereinen zudem mehrere Anwendungsmöglichkeiten in einem Messgerät, wodurch verschiedene Thermometer-Bauformen kalibriert werden können. Dies erhöht die Flexibilität, das höhere Volumen hat jedoch negative Auswirkungen auf die Homogenität und die Ansteuergeschwindigkeit. Daraus resultierend kann konstatiert werden, dass bei der Beschaffung eines Kalibrators der Umfang und die Diversität des Messmittelbestandes ausschlaggeben ist.
Trockenblock-Funktion
- Fühler mit einfacher Geometrie
- Grosser Temperaturbereich möglich
Mikrobad-Funktion
- Fühler unterschiedlichster Art und mit komplexer Geometrie
- direkter Temperaturschluss, da Sensor ohne isolierende Luftspalte direkt in die Flüssigkeit getaucht wird
Infrarot/Schwarzstrahler-Funktion
- Infrarot-Messinstrumente wie IR-Pyrometer oder Wärmebildkameras
Oberflächen-Funktion
- zur Kalibrierung von Oberflächenfühlern aller Art
Funktionen am Beispiel von Temperaturkalibratoren von SIKA Dr. Siebert & Kühn GmbH & Co. KG
Rückführbarkeit und Messunsicherheit
Bei der Kalibrierung eines Referenzfühlers oder Temperaturkalibrators ist sowohl die Rückführbarkeit sowie die Messunsicherheit zu beachten. Kalibrierlabore, seien dies Inhouse-Labore oder eigenständige Einrichtungen, sind der Rückführbarkeit verpflichtet. Dies bedeutet, dass die bei einer Kalibrierung verwendeten Referenzgeräte durch eine ununterbrochene Kette von Vergleichsmessungen an nationale oder internationale Normale angeschlossen sein müssen. Die Rückführbarkeit wird über eine Kalibrier-Hierarchie garantiert, in welcher nationale Metrologie Institute ganz oben, gefolgt von akkreditierten Laboren, stehen. Nicht akkreditierte Labore, zu welchen meist auch Inhouse-Labore zählen, bilden das Fundament dieser Pyramide, welche oft als Symbol für die Metrologische-Hierarchie verwendet wird.
Pyramide der Metrologie
Die Messunsicherheit wird automatisch höher, je tiefer in der Hierarchie sich ein Labor befindet. Mit der Messunsicherheit, welche grundsätzlich zu jedem Messwert gehört, wird der Wertebereich um den Messwert beschrieben, in dem sich der wahre Wert der Messgrösse mit einer anzugebenen Wahrscheinlichkeit befindet. Die Einflussfaktoren sind vielseitig und sowohl das Referenzmessgerät, die Umweltbedingungen und der zu kalibrierende Prüfling sind als Element zu nennen.
Summa summarum kann daraus geschlossen werden, dass Referenzgeräte in einem rückgeführten Labor und mit einer dokumentierten Messunsicherheit kalibriert werden müssen, welche die geforderte Genauigkeit der Gebrauchsnormale ermöglicht. Dies bietet in den meisten Fällen der Hersteller, mit Sicherheit aber das nationale Institut oder ein akkreditiertes Kalibrierlabor mit entsprechend kleiner Messunsicherheit an.
Beispiel SCS-Verzeichnis mit Messunsicherheit
Kalibrierung im akkreditierten SCS-Labor
Nach SN EN ISO/IEC 17025 akkreditiere Kalibrierlaboratorien haben die formell anerkannte Kompetenz, um Konformitätsbewertungen durchzuführen. Entsprechend sind die angewendeten Methoden dokumentiert und rückführbar. Es gibt grundsätzlich drei Methoden, die Vergleichskalibrierung, die Fixpunktkalibrierung und die Kalibrierung basierend auf den nationalen Primärnormale, wobei die Erstgenannte, die am häufigsten angewendete ist und nachstehend auf die Kalibrierung eines Temperatursensors mit dieser Methode fokussiert wird.
Die Kalibrierung erfolgt bei mindestens 3-5 Messpunkten, welche eine konstante Linearität ermöglichen und innerhalb des Temperaturbereiches liegen, in welchem der Sensor in der Praxis genutzt wird. Für die Kalibrierung werden Trockenblockkalibratoren genutzt - bei höherer Genauigkeitsanforderung mit Mikrobad-Funktion – welche die Temperatur des Volumens bis zu einem definierten Wert erwärmen oder kühlen. In diesem Volumen wird der Wert des Gebrauchsnormals mit dem eines präzisen Referenzsensors verglichen. Die Sensoren werden dazu in geringem Abstand, auf gleicher Höhe der Messstelle und möglichst tief im Kalibrator platziert. Nach der Temperaturstabilisierung, welche aus physikalischen Gründen einige Zeit beansprucht, wird der elektrische Ausgang der Sensoren gemessen, in Temperatur umgewandelt und entsprechend der definierten Prozesse dokumentiert.
Die nach einem akkreditierten Verfahren durchgeführte Kalibrierung, so wie hier kurz und vereinfacht beschrieben, verlangt messtechnisches Geschick und die Erreichung hoher Genauigkeit und kleiner Messunsicherheit ist unter der Einhaltung der Normen zeitintensiv.
Abbildungen aus einem Kalibrierzertifikat für einen Temperaturkalibrator der APTOMET AG
Kalibrierung vor Ort
Die Kalibrierung von Temperatur-Messgeräten durch ein akkreditiertes Labor vor Ort, also in den Räumlichkeiten des Auftraggebers, bringen den Vorteil kurzer Ausfallzeiten und kalkulierbarer Zeitplanung. Die Kalibrierung an sich kann analog der oben beschriebenen Laborverfahren durchgeführt werden, ist jedoch auch ohne Kalibrierbad oder Block umsetzbar. Dabei wird der Wert des Referenzsensors im realen Medium, sei dies Luft, Gas, Flüssigkeit oder ein festes Medium wie ein Motorblock, mit den Gebrauchsnormalen verglichen. Bei der Kalibrierung vor Ort empfiehlt es sich jedoch ein Anbieter zu berücksichtigen, welcher durch die Integration der Dienstleistung in die Akkreditierung versichert, dass auch ausserhalb des Labors die Anforderungen einer akkreditierten Kalibrierung gewährleistet sind.